FIND-IT , die ultimative Dateisuchmaschinemit 'Vorliebe' für komplexe Volltextsuche in allen Dateiformaten. |
Ein stolzes Dampfross: Für eine Tenderlampflok schon recht lang, mit großen Treibrädern und Vorläufern in Drehgestellen auf beiden Seiten: Diese Lok wurde für den Personenschnellverkehr konstruiert. Übrigens von Robert Garbe im Jahr 1911, damals noch unter der Bezeichnung T18. Genaugenommen wurde diese Lokomotive aber natürlich im Jahr 2000 konstruiert, von Jürgen Jagoschinski, dem damaligen Gründer der TT-Modellschmiede Jatt. Dabei war die Geschichte des Modells vielleicht sogar wechselvoller als die des Vorbildes. Schliesslich wurde die BR 78 nur in kleiner Stückzahl von Jatt gebaut, bevor die Firma von Tillig übernommen wurde. Auch dort stand sie nur noch kurz im Programm. Schon ein Jahr später wurden die von Jatt übernommenen Metallmodelle an das frisch gegründete Tochterunternehmen ModellbahnManufaktur Sebnitz abgegeben. Und die lieferten zwar eine DR-Version, konnte sich lange nicht durchringen, die von Anfang an angekündigte Variante der DB herauszubringen. Erst im Frühjahr 2006 war es dann soweit. Die BR 78 konnte nun auch auf meiner westdeutschen Modellbahn in den Dienstplan aufgenommen werden. Wer nicht schnell zugriff hatte weniger Glück. Mit dem Ende der Tillig-Tochter 'Modellbahnmanufaktur' verschwand das Modell. Es ist nun allerdings 2020 als Neues Modell von Tillig angekündigt Es bleibt abzuwarten, ob das eine komplette Neukonstruktion oder eine Überarbeitung wird - wobei mir die Version von 2007 schon ausesprochen gut gefällt:
Erster Eindruck: Schön ist sie! Man sieht ihr an, dass sie aus Metall ist. Kein Kunststoffglanz, satte, seidenmatte Farben, dafür an einigen Stellen nicht ganz so glatt und fein in der Gravur wie vergleichbare Kunststoffmodelle. Aber das waren die Vorbilder auch selten. Ich mag das - und zwar sehr! Das schrieb ich, als ich vor einigen Monaten die BR 55 von Jago in der Hand hielt. TT-Fan's wissen, das war die neue 'Marke' von Jürgen Jagoschinski. Es ist offensichtlich, dass die BR 78 vom selben Konstrukteur ist. Da ist vieles sehr ähnlich. Doch bei genauer Betrachtung merkt man, dass die Sebnitzer Manufaktur das Modell noch einmal überarbeitet und ein paar positive Veränderungen vorgenommen hat.
Auch wenn das Gehäuse der BR78 aus massivem Metall ist: Das Fahrwerk von der Manufaktur ist nun aus Kunststoff. Das Getriebe aus Metallzahnrädern wirkt wieder typisch Jagoschinski - allerdings ist es in seinem nun 'weicheren' Lager doch noch einmal spürbar leiser als vergleichbare Jatt- oder Jago-Modelle. Erfreulich ist auch die NEM-Schnittstelle, die bei Jatt's 'Original-78' ebenso wenig vorhanden war, wie bei Jagos aktualler BR 55. Dafür muss die BR 78 auch heute noch auf funktionsfähige Beleuchtung verzichten. Während bei Jago mittlerweile blauweisse LEDs, zum (umstrittenen) Standard gehören, hatte Jatt sie konstruktiv damals bei der BR 78 nicht eingeplant - und die ModellbahnManufaktur nicht nachgerüstet.
Ausgesprochen perfekt ist die Bedruckung geraten. Sie verrät, dass die vor mir stehende BR 78 233 in Gronau beheimatet ist. Auch Räder und Steuerung machen einen ausgesprochen filigranen Eindruck. Ein kleiner Tropfen roter Farbe auf den Radachsen, evtl sogar vorsichtige Lackierung der Räder und Radreifen. kötte das Tüpfelchen auf dem i bilden. Nur der äußere Rand des DB-Kekses wirkt schon im Neuzustand etwas 'abgegriffen' - ein klitzekleiner Schwachpunkt, wobei der DB-Keks wie Vorbildfotos beweisen im echten Alltag oft in einem viel schlechteren Zustand war.
Noch ein Blick auf das Original Das Vorbild fuhr 100 Stundenkilometer, hatte mit seinem 4 Tonnen fassenden Tender eine große Reichweite und wurde von der DB sogar noch mit echter Wendezugsteuerung ausgerüstet. Die Regler der Lok konnten dann vom Steuerwagen bedient werden. Auf diese Weise war die Lok, die erst 1975 endgültig ausgemustert wurde, zum Beispiel auch für den Städteschnellverkehr im Ruhrgebiet eingesetzt. So ist die BR 78 durchaus ein passendes Modell für meine irgendwo zwischen Köln und Ruhrgebiet angesiedelte Phantasiestrecke, auf der die Lok erst einmal einige Zeit lang eingefahren - und schließlich mit einem TRAN DX 74 digitalisiert wurde.
Fahreigenschaften und Digitalisierung: Analog wirkt die Anfahrtgeschwindigkeit noch recht hoch. Es benötigt doch eine gewisse Mindespannung, bis der kleine Glockenankermotor das schwere Modell in Bewegung setzt. Die Digitalisierung verläuft übrigens völlig problemlos. Vorläufer abziehen, eine Schraube lösen.Fahrwerk und Gehäuse trennen. Decoder in die Schnittstelle stecken. Hier ist allerdings vorsicht angesagt. Damit der Decoder später wirklich in den Führerstand passt muss er rund 45 Grad nach oben abgewinkelt werden. Dabei nicht am Decoder selbst 'drücken' sondern mit einer Zange an den Halterungen seiner Beinchen, sonst könnten die Beinchen sich vom Decoder lösen. Dann das Fahrwerk wieder einsetzen, Schraube anziehen. Vorläufer aufstecken....... und schon kann die Lok mit dem lastgeregelten Decoder durchaus langsam kriechen und erreicht ohne weitere Justage der Parameter eine vorbildnahe Endgeschwindigkeit.
Über alle Geschwindigkeitsbereiche bleibt der Geräuschpegel erfreulich niedrig. Ein fast perfektes Fahrwerk: Das Modell hat zwar eine Schwungscheibe im Kessel. Deren Effekt hält sich allerdings in engen Grenzen. Selbst aus Höchstgeschwindigkeit ergibt sich ein Ausrollweg von allenfalls einem Zentimeter. Glücklicherweise sorgen die jeweils vier Stromabnahmepunkte für zuverlässige Stromversorgung. Dabei wird der Strom beidseitig an den beiden hinteren Treibrädern abgenommen. Das vordere Drehgestell übernimmt zwei weitere Kontakte vom linken Gleis, das vordere vom zwei vom Rechten. Die an den Vorläufern jeweils einer Seite angebrachten Messingschleifer sind leider deutlich sichtbar, ein klein wenig rote Farbe kann da aber leicht Abhilfe schaffen. Allerdings in einem Punkt bin ich absolut beeindruckt: Die Zugkraft ist phänomenal!. Ihr hohes Gewicht und das gut funktionierende Fahrwerk lassen diese Lok wirklich selbst lange und schwere Züge bergan ziehen. In meinem Fall die fünf mit Messing-Innenleben und Beleuchtung nachgerüsteten Hechtwagen von Kroner, die ansonsten nur meine V200 von Tillig schafft. Aus Neugier habe ich die Lok vorbildwiedrig auch vor einen langen Kohle-Ganzzug gespannt. Bei einer Länge und Steigung, wo Tilligs-Tenderdampfloks BR 50 und BR 52 längst mit schleudernden Rädern stehen bleiben und Jagos eigentlich auch sehr schwere BR 55 wegen des schweren Metalltenders schon kräftig in Schleudern kommt zieht die BR78 ohne Murren bergauf und könnte noch manch zusätzliche Last vertragen. Wirklich beeindruckend !
Fazit: Ein schönes Modell mit durchaus sehr guten Fahreigenschaften. Angesichts der kleinen Serie und der Metallbauweise war der Preis von 239 Euro im Jahr 2007 ogar vergleichsweise moderat ..
Ein paar kleine Wermutstropen aber doch noch zum Abschluss Gerade die weitgehende Perfektion im Finish lässt ein paar Details doch vermissen: Griffstangen an den vorderen Leitern hatte die Lok auf jedem Vorbildfoto. (Ich habe die sehr filigranen Frühsen-Grifstangen nachgerüstet) Auch erhabene Lokschilder wären eine nette Dreingabe gewesen. Auch die Verglasung der Führerstandsfenster vermisse ch bei einer bei einer derart schönen Dampflok - und auch einige weitere Details wie die Elektroleitungen unterhalb von Wasserkasten und Umlauf, die ich nicht nur bei Vorbildfotos, sondern auch an Modellen anderer Spurweiten fand.