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Als der Berliner TT-Pionier im Jahr 1957 sein erstes TT-Programm vorstellte, hatte er je eine Dampf- und eine Diesellok im Angebot. Und letztere war eben ein Modell der damals noch 'nagelneuen' V 200 des 'Klassenfeindes'. Sie wurde bis zum Ende der DDR produziert, wenn auch ohne jeden Hinweis auf die Bahnverwaltung, zu der sie gehörte. Mitte der siebziger Jahre wurde das Formwerkzeug überarbeitet - und für seine Neuauflage im Jahr 2002 griff Tillig auf die alte Form zurück. 'Innen drin' steckt seitdem allerdings zeitgemäße Technik, die im Lauf der Jahre auch immer wieder mal aktualisiert wurde - und wenn ich aktuelle Katalogfotos sehe, dann gibt es inzwischen auch ein doch 'zeitgemäß' detailliertes Gehäuse.
Der erste Eindruck ist schon fein: Schwer und bullig kommt die V200 aus der Schachtel, feinste Bedruckung, saubere Trennkanten - und eben mit der zeitlos schönen Form des Originals. Da freut man sich über einen reellen Gegenwert der rund 100 Euro im Laden kostete. Das war im Jahr 2004. Seitdem war sie sehr lange im Programm, erschient zuletzt 2017 in der Ursprungsversion, mit ausgeschriebenem 'Deutsche Bundesbahn' auf den Seitenwänden, kostete dann allerdings schon 189 Euro!
Auf dem Gleis zeigt meine erste Drehgestell-Lokomotive ihre technischen Qualitäten - und daß TT inzwischen wirklich mit HO konkurrieren kann. Auch dank Antrieb mit zwei Schwungscheiben auf beide Drehgestelle ! Nach kurzer Einfahrzeit beginnt das Modell bei etwa 10 km/hanzurollen und ist entsprechend der NEM bei Maximalstellung des Trafos etwa 50% schneller als sein Vorbild. Dazwischen hängt das Modell leicht elastisch am Regler, überfährt jede Problemstelle sauber. Während der Motor in den unteren Geschwindigkeitsstufen nur leise surrt, klingt das Geräusch nahe der Höchstgeschwindigkeit deutlich kerniger, ohne wirklich laut zu werden. Kurz: besser geht es kaum - nach der Digitalisierung (siehe unten) schon gleich gar nicht
(Sehr) kleine Abstriche muß man allenfalls beim Gehäuse machen und beim Aufwand, der für die Bedruckung betrieben wurde. So hat das Original am unteren Rand des Aufbaus und am Rahmen einige Durchbrüche (für Tankeinfüllstutzen etc) die beim Modell nur als leichte Vertiefung angedeutet sind. Die markanten Griffe auf der Nase der Lok waren im Jahr 2002 ebenfalls nur sehr dezent angspritzt. Auf Bildern des Originals stehen sie doch vergleichsweise deutlich ab.. Bei einer echten Neukonstruktion hätte man hier wohl Zurüstteile genommen. Auch so nette Details wie einzeln aufgesetzte Scheibenwischer oder farblich abgehobene Fensterdichtungen , für die Tillig inzwischen bei seinen Neukonstruktionen sehr gelobt wird, suchte man bei der V200 vergeblich. Aber das war eben (die im Jahr 2002 ehrlich gesagt absolut verschmerzbare) Reminiszenz an den ursprünglichen Schöpfer des Modells. Denn eines ist auch klar: Märklin, Fleischmann, und die anderen HO-Hersteller hätten höchstwahrscheinlich Mühe, eine derart alte Form aus dem Regal zu ziehen und daraus ein derart zeitgemäßes Modell herzustellen.
Diese Kritik hat allerdings eher historische relevanz. Tillig hat das Modell längst erneut überarbeitet, wohl auch eine komplett neue Form hergestellt. In der Version aus ausgeschriebener 'Deutsche Bundesbahn' an der Seite, der Nachbidlung der frühen Urversion, wurde offensichtlich ein komplett neues Gehäuse konstruiert bei dem die kleinen Griffe und viele andere Details durch separate Kleinteile ersetzt sind. Auch die nachfolgen beschriebenen Details bezüglich Digitalisierung und Licht sind da kein Thema mehr. Insofern kann das folgende eher Menschen helfen, die solch ein Modell aus der frühen Tillig-Produktion auf EBAY sehen und kaufen.
Drei Dinge haben meine Freude über das gelungene Stück allerdings doch etwas getrübt - aber wirklich nur etwas:. Ein klein bißchen mehr 'Finish' hätten der alten BTTB-Form doch noch mehr Ehre angetan. Die silbernen Zierstriche sind ja wunderschön gedruckt. Warum bei der Gelegenheit die Ränder der Scheinwerfer und die Griffe an der 'Nase' nicht auch gleich silbern lackiert wurden ist mir ein Rätsel. Auf jedem Vorbildfoto sind sie gut zu erkennen - und von Hand ist das doch ein bißchen fisselig. (Nur die Führerhausfenster und Lüftungsgitter waren in Epoche III - anders als in IV - tatsächlich schwarz)
Der zweite Wermutstropfen ist die Beleuchtung: - zum Glück ist Platz genug um je drei weiße(gelbe) und zwei rote Leuchtdioden samt Widerständen unterzubringen und irgendwann werde ich diesen Umbau wohl auch wagen - Tillig hat aber zunächst einmal nur je eine Glübirne und Lichtleiter eingebaut. OK - für den Preis des Modelles kann ich wohl wirklich nicht auch noch 10 Leuchtioden in perfekter Beschaltung verlangen. Aber dafür hätte ich im Laden durchaus auch zehn Euro mehr bezahlt - vor allem weil das helle Lichz der Glühbirnen durch Plastikverkleidungen gebändigt werden muss. Dies Plastik versperrt leider den ansonsten eigentlich möglichen freien Durchblick durch die roßen Führerhausfenster. Das sieht nicht wirklich schön aus: noch ein Grund mehr, die Birnchen durch entsprechend verschaltete LEDs zu ersetzen. Aber wie schon geschrieben. Tillig hat bei einer Neufauflage inzwischen genau diese Dinge abgestellt und tatsächlich LED verbaut... und natürlich einen NEM-Stecker für den Decoder.
Last but not least gibt es ein Ärgernis, daß mit der Lok selbst eigentlich gar nichts zu tun hat: So gut die Konstruktieure und Monteure von Tillig inzwischen offensichtlich sind: so ungenügend sind bis heute doch die Beipackzettel: Das Kapitel mit den Vorbildinformationen istnett, die Ersatzteilliste ist sicher hilfreich - wenn auch hoffentlich selten nötig. Doch das Papier verschweigt so grundlegende Dinge wie: Wo öffne ich eigentlich das Gehäuse? Gibt es Rastnasen? Wenn ja, wo? Und weil die vier - direkt an den Führerhaustüren sitzenden Rasten ziemlich schwer sitzen, muß man doch mit viel Krafteinsatz am Gehäuse 'suchen' bis man die richten Stelle zum Aufhebeln gefunden hat.
Das Öffnen der Lok wurde übrigens zur Digitalisierung nötig.. Durch Herausbrechen des Entstörbauteiles aus der Platine entsteht ein Freiraum für die inzwischen üblichen 'kleinen' Decoder. Leider liegen die Lötpunkte auf der Unterseite - man muß also zum Einlöten des Decoders die Platine abnehmen - und dazu muß man erst einmal die beiden extrem fest sitzen Schrauben lösen, mit denen die Platine gehalten wird. Ist diese (nicht unbedingt kleine) Hürde genommen, entschädigt der Blick auf den Bühler-Motor mit den beiden ausreichend voluminösen Schwungscheiben. Der wurde ab Werk allerdings direkt an die Platine gelötet, muß also vor Abnahme der Platine erst einmal abgelötet . oder anschließend samt Platine und 'Kardanwellen' wieder eingesetzt werden.
Bei mir kam (zunächst) der (damals) neue 73500 von Uhlenbrock zum Einsatz. (Wegen der abschaltbaren Anfahr/Bremsverzögerund und dem Rangiergang - und weil der ähnlich ausgestattete Decoder von ct/tran, der in meiner V60 steckt, auf die Schnelle nicht zu haben war.). Nach der Digitalisierung gab es an den Fahreigenschaften allerdings doch Grund zur Kritik. Die Lok wirkte extrem 'kraftlos'. Ich würde die Anfahrgeschwindigkeit subjektiv mit unterste Schrittgeschwindigkeit angeben und langsamer geht es im Maßstab 1:120 wohl kaum. Aber trotz leichtlaufender Getriebe und guter analoger Fahreigenschaften..... gerade bei höheren Geschwindigkeiten kam sie kaum noch einen Berg hoch, der Motor blieb stehen, bevor noch die Räder durchdrehten....... Auch ein dcx 73 von tran brachte keine Besserung, ein dcx74 wurde ebenfalls getestet. Er lässt sehr feine Einstellungen der Lastregelcharakteristik zu: Aber egal wie ich ihn programmierte: wieder Fehlanzeige. Die Lok fuhr entweder kraftlos oder ruckelig. Und dann: ein LEO10 von Lenz. Eigentlich schon ausgesondert, weil er weder abschaltbaren Rangiergang noch Hochfrequenzsteuerung oder 'Gedächtnis' hat...... Doch in der Verzweiflung wurde auch er in der V200 ausprobiert und siehe da: Die Fahreigenschaften sind jetzt wirklich perfekt. Plötzlich hat die Lok doch deutlich mehr Kraft - und kriechen kann sie immer noch. Eine Erklärung dafür habe ich nicht, aber es könnte daran liegen, daß der eingebaute Motor sich nicht mit der hochfrequenten Regelung der tran's und uhlenbrocks verträgt. (Das irgendwo für Problemfälle empfohlene Einlöten eines Kondensators von 3 nanoFarad hat bei mir nix genutzt).
Weil die Lok schon mal offen war, habe ich noch drei kleine optische Verbesserungen vorgenommen. Da ist zum einen der durch die Lüftungsgitter und das große Maschinenraumfenster deutlich sichtbare Motorblock. Der ist ohnehin schon Klasse, denn er wirkt von außen , wie der reale Blick in den Motorraum. Wunderbar ! Um den Eindruck vom Maschinenraum noch zu steigern, wurden die hell-silbern glänzenden Teile dunkel-ölig brüniert. Ähnlich erging es den Achsen, die vorher doch etwas arg silbern glänzten
Die Führerhausabdeckung wurde beim Zusammenbau wegtgelassen, stattdessen wurde der Lichtschein der Glühbirne provisorisch durch schwarzes 'Lassoband' gebändigt. Jetzt ist der Führerstand 'frei'. Aber an irgendeinem kaltnassen Winterabend werde ich wohl doch LEDs einsetzen
Fazit: Die genannten Schwächen im Finish sind - verglichen mit den Stärken der Lok und angesichts des moderaten Preises - absolut zu verschmerzen. Ein Decoder-Stecker und eine bessere Wartungsanleitung wären aber bei kommenden Serien sinnvoll. Gegen etwas Aufpreis wohl auch eine LED-Beleuchtung ab Werk. Wie schon beschrieben. Bei einer Neuauflage vor einigen Jahren wurde all das umgesetzt. Die Vorzüge des Modelles liegen nicht nur in der perfekten Funktion des Fahrwerkes sondern durchaus auch in der insgesamt stimmig-schönen Umsetzung des ohnehin 'klassischen' Vorbildes. Und das ist eben doch eine Reminiszenz an Werner Zeuke.